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Anne Catherine Ingeborg Andresen,verh. Bödewadt

30.1.1878 Hainmoor - 17.1.1955 Bremen

 


Anne Andresen wurde 1878 im schleswig-holsteinischen Dörfchen Hainmoor bei Eiderstedt geboren. Nach dem Tode ihrer Eltern kamen sie und ihre beiden Brüder in das Arbeiter- und Armenhaus im Norden von Witzwort. In den Geschichten "Dat groote Hus"1 schreibt sie über diese Zeit.
In Erinnerungen über ihre Kindheit hob sie vor allem die Mutter hervor, die sie und ihre zwei kleineren Brüder schon früh mit den Sagen und Erzählungen der Heimat bekannt machte: "Und wenn alles sitzt und hockt und Mutter noch immer tut, als merke sie von all dem wartenden Leben nicht eine Spur, fasste wohl eines ungeduldig ihren Schürzenzipfel: 'Mudder - vertellst wat? Und die Mutter erzählte."2Dieses Erzählen war wohl für ihre spätere schriftstellerische Arbeit von großer Bedeutung. Sie blieb der plattdeutschen Sprache und den heimatlichen Themen treu.
Zunächst aber musste sie für ihren Lebensunterhalt aufkommen: "As ik eben 15 Jar weer, hatt ik keen Oellern und keen Heimat un keen Verwandtschaft meer as blots noch 2 lüttje Bröder. Ik kem op't Seminar nach Sleswig un wärr so gau dat man güng Lehrerin"3
Sie unterrichtete zunächst in ländlichen Schulklassen, später in Hamburg und Kiel. 1909 heiratete sie den Schriftleiter Jacob Bödewadt, den sie oft in der Redaktion vertrat. Das Ehepaar, das oft den Wohnsitz wechselte, hatte fünf Kinder. Anna Bödewadts Aufgabe war der Haushalt und die Kinder. Sie klagte, dass die viele Arbeit ihr keine Zeit lasse für eigene schriftstellerische Arbeit. "Das ungestörte dichterische arbeiten war mir immer nur nachts vergönnt."4
Ihr erster Novellenband "Hinter Deich und Dünen" erschien 1907 unter dem Mädchennamen Andresen, den sie auch weiterhin als Autorinnenname benutzte. "Dass nach dem Erscheinen meines ersten Novellenbandes, der sehr viel Widerhall fand, ich nicht den langen Atem für ein grösseres Buch aufbrachte, lag nicht an mir. Fünf erwachsene Kinder, öfterer beruflicher Wohnungswechsel, der erste Weltkrieg und danach das Hingerissenwerden in den Kampf um Schleswig-Holsteins Nordgrenze, ja die Übersiedlung ins abgetrennte Gebiet, wo ich meinem Mann, der keine anderen Mitarbeiter hatte, dauernd bei der publizistischen Tagesarbeit zur Seite stand, sind, wenn auch keine Entschuldigung, so doch eine Erklärung für die Verzögerung."5
In der Folgezeit trat Anna Andresen vor allem als Autorin niederdeutscher Theaterstücke in Erscheinung. 1921 erschien der Einakter "Vörspann", zwei Jahre später der Einakter "Frühlingsspiel". 1924 erlebte ihr Stück "De Roop" eine Uraufführung durch Richard Ohnesorg. In kurzen Abständen folgten weitere niederdeutsche Stücke. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde ihr Mann entlassen. Ab 1921 lebte sie in Nordschleswig, das bis 1920 zu Deutschland gehört hatte. Sie engagierte sich in einigen Werken im deutsch-dänischen Grenzkampf. 1935 veröffentlichte sie den Roman "Die Stadt auf der Brücke", in dem sie sich für eine Aussöhnung des Konflikts zwischen Deutschen und Dänen einsetzte.

Sie war Mitglied des 1936 gegründeten Eutiner Dichterkreises, einer der bedeutendsten Autorengruppen im nationalsozialistischen Deutschland. Ihr Buch "Die Stadt auf der Brücke" (1935), das zur Zeit des Hitler-Putsches spielt und den Nationalsozialismus preist, wurde in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.
Die Familie siedelte 1936 nach Bremen über. Der Tod ihres Sohnes im Krieg und ihres Ehemannes durch einen Unfall bei Kriegsende unterbrachen ihre schriftstellerische Arbeit.
Erst 1949 erschien wieder ein niederdeutsches Schauspiel von ihr. In ihrem Nachlass wurde das Drama "De Froensborg" gefunden. In diesem Stück verstecken die Frauen der Wikinger ihre Söhne, um sie vor dem Zugriff der Königin, die ihren Krieg gegen die Normannen führt, zu schützen. Das Stück wurde zunächst als Hörspiel von Radio Bremen gesendet und erst 1960 am Niederdeutschen Theater in Bremen mit großem Erfolg aufgeführt. Anna Andresen gilt neben Alma Rogge als eine der bedeutendsten niederdeutschen Dichterinnen.


Publikationen:
Hinter Deich und Dünen, Geschichten aus Nordfriesland, Niebüll 1907
Das Lied der Erde (Erzählung), Tondern 1920
Vörspann, Plattdeutscher Einakter, Niebüll 1921
Offa, Frühlingsspiel, Einakter, Niebüll 1923
De Roop: En Spel vun Welt to Welt, Plattdeutsches Spiel in drei Aufzügen, Tondern 1924, 2. Aufl. 1925
Vörspann : Spel in en Uptog Tondern ; Niebüll 1924
Groot-Huus, Einakter, Flensburg 1925
Unter schwerem Himmel, Bilder und Gestalten aus Schleswig-Holstein, 1925;
Das Lied der Erde, Erzählungen, 1926
Kanten und Kehren, Einakter, 1928
Kanten un Kehren: Einakter aus der Vorzeit der Erhebung ,1928 - Schleswig-Holsteinische Heimatabende 4
Das schöne Leben, Novellen, Itzehoe 1928
Unse olen Dage, En eernsthafti Spel in dree Optoeg, Verden 1929
De blaue Amidaam, Ein lustig Spel in 4 Optoeg, Kiel 1930
Die Stadt auf der Brücke, 1935
Spel um't Hart, Spiel in 4 Bildern, Verden 1949
Dummer Hans, Hörspiel, Bremen 1954
De Fruunsborg : En ernsthaftig Speel in dree Akten, Verden 1949; als Hörspiel "Froensburg" Radio Bremen 1955
Speel um't Hart: Lustspiel in vier Akten, Verden 1949,bearb. von Günther Siegmund. 1974
Hinter Deich und Dünen, Witzwort 1987
Nebelland: Erzählungen aus Nordfriesland, Witzwort 1988


Quellen und Literatur
1.Dat Book S.2
2.ebda. S.3.
3.Dehning,Gustav: Bremische Biographien 1912-1962, Bremen 1969 S.54
4.Brief an R.Koop
Bildquelle: Scan von Daniel.Eggert. Photo aus Familienbesitz, Wiki commons

Andresen, Anna: Dat Book, Kindheitserinnerungen, Mitteilungen aus dem Quickborn, Nr. 1/1912
Bammé Arno(Hrsg.): Ingeborg Andresen: Die Eiderstädter Dramatikerin und Novellistin,S. 381-441, München, Wien 1993
Brief an R. Koop in: Mitteilungen aus dem Quickborn, Nr. 2/53, 44. Jg.
Gättke, Walter: Die Bühnenwerke von Ingeborg Andresen: Ein Querschnitt, Verden 1937
Dehning, Gustav: Bremische Biographien 1912-1962, Bremen 1969
ders: Ingeborg Andresen. Nachruf. In: Kiek in de Welt 3, 1955, Nr. 2, S. 10
PbuB,Plattdeutsche Bibliographie und Biographie, http://www.ins-bremen.de/de/das-ins/aufgaben.html, Abruf: 7.10.14
Ingeborg Andresen : Zu Werk und Rezeption einer Regionalschriftstellerin , 1998 - Kiel, Univ., Diss., 1998
Harboe,Kardel:Ingeborg Andresen. Eine Dichterin der Westküste,In: Deutscher Volkskalender Nordschleswig 53,1978,58-59
Schmidt, Wolfgang: Ingeborg Andresen: Zu Werk und Rezeption einer Regionalschriftstellerin, Kiel, 1998. - III, 305 S. - Kiel, Univ., Diss., 1998
Bildquelle: wikipedia, creative common Lizenz
Nachlass: SH-Landesbibl. (Mss., Kritiken, Briefe)
Autorin: Edith Laudowicz