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Maria Elisabeth Hermine,gen.Rita Bardenheuer,geb. Hoffmeister
5.6.1877 - Bremen- 15.2.1943 - Bremen
 

Rita Hoffmeister verlebte ihre Kindheit mit ihren beiden Schwestern und ihren Eltern, dem Werkmeister Hinrich Hoffmeister und Sophie geb. Neynabe, in der Neustadt. Ab 1883 besuchte sie die Höhere Mädchenschule, danach das Lehrerinnenseminar von A.M. Janson. Ihre ersten Jahre als Lehrerin unterrichtete sie in Bergedorf bei Hamburg in einer Höheren Mädchenschule.
Im Oktober 1900 heiratete sie - bereits schwanger - den Kaufmann Gustav Bardenheuer. Ihr erster Sohn wurde 1901 geboren, ein weiterer 1902 und 1907 gebar sie noch eine Tochter. Sie brach ihre Lehrerinnentätigkeit ab und widmete sich der Förderung ihrer behinderten Tochter, die sie zu Hause unterrichtete.

Beginn des politischen Engagements


Sie begann aber, sich politisch zu engagieren. 1904 schloss sie sich dem Verein für Frauenstimmrecht an. In ihrem Buch "Woher und Wohin" sagte sie über ihre Motive: "Dieses Wahlrecht muss einer Frau, die die Besserung der rechtlichen Lage ihres Geschlechts, nicht der Frauen einer bestimmten gesellschaftlichen Klasse erstrebt, als einzig mögliche und einzig logische erscheinen".1 Sie grenzte sich so deutlich von Forderungen nach einem ständischen Wahlrecht ab und zeigte schon hier ihr soziales Interesse. Die Familie war bekannt mit Pädagogen, die sich in der Reformbewegung engagierten und auch mit Sozialdemokraten wie Heinrich Schulz, Johann Knief und Wilhelm Pieck. Im Frauenstimmrechtsverein freundete sie sich mit Auguste Kirchhoff an und begann sich für Mutterschutz und Sexualreform einzusetzen. Als 1909 in Bremen eine Ortsgruppe des Bundes für Mutterschutz und Sexualreform gegründet wurde, gehörte sie zu den Mitbegründerinnen.
Als 1913 sich der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht an der Forderung nach allgemeinem, gleichen und geheimen Wahlrecht spaltete, trat auch Rita Bardenheuer wie die Mehrheit der Bremer Ortsgruppe im Januar 1914 dem in Hamburg gegründeten neuen Deutschen Frauenstimmrechtsbund bei. (u.a. Auguste Kirchhoff, Dora Behrmann, Margarete Kotzenberg.)1



Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges setzte sich der Bremer Bund für Mutterschutz und der Frauenstimmrechtsbund im Rahmen der Tätigkeit des "Zentralen Hilfsausschuss des Roten Kreuzes" für die Unterstützung in Not geratener Frauen in der Abteilung Volksernährung und der Abteilung Krankenpflege mit. Hier lernte sie auch das Elend der Jutearbeiterinnen kennen. Obwohl jede Kritik am Krieg untersagt war, hieß es indem Jahresbericht des Bundes für Mutterschutz von 1917, den sie als Vorsitzende unterzeichnete; "Solange nur Programmreden gehalten werden, die hüben und drüben dem Ehrgeiz und Selbstzwecken dienen, so lange Vereine, Zeitungen und Parteien, welche die Liebe zum Vaterland allein gepachtet zu haben meinen- nur auf restlosen Sieg aufgebaute Kriegsziele verfolgen, so lange wird Hass gesät und muss Hass geerntet werden. Aber die Zahl derjenigen, die es müde sind, aneinander vorbei zu reden, wird täglich grösser, der Kern der Vernunft und Erkenntnis - auch dem Feinde gegenüber - nimmt in allen Ländern an Umfang zu, und es hiesse alle Ideale verläugnen, wenn man an dem Sieg der Menschheitsidee über die Gewalt verzweifeln wollte." 1917 versuchte der Frauenstimmrechtsbund noch einmal, das Stimmrecht einzufordern. Rita Bardenheuer versah eine Eingabe mit einem Begleitschreiben, in welchem sie auf die Notwendigkeit der Beteiligung der Frauen bei der allgemeinen Demokratisierung verwies. Jedoch erst durch den Arbeiter- und Soldatenrat erlangten die Frauen das geforderte Recht.


Rita Bardenheuer (mit Hut) im Kreise von Freunden u.a. E. Sonnemann, StAB Bremen 10B-K 948


Rita Bardenheuer trat 1919 der Sozialdemokratischen Partei bei - ein Schritt, der ihren Mann keineswegs begeisterte. Die Firma Melchers & Co., für die er 25 Jahre gearbeitet hatte, stellte ihn ihretwegen nach dem Kriege nicht mehr ein. In dem Streit um die Parteilinie vertrat Rita Bardenheuer die Position der Mehrheitssozialisten, für die sie am 9.3.1919 in die Nationalversammlung als Abgeordnete einzog und deren Schriftführerin sie wurde.

Mitglied der Bürgerschaft


Ab 1920 war sie Mitglied der Bürgerschaft und in zahlreichen Ausschüssen und in der Schuldeputation tätig. In der Nationalversammlung und der Bürgerschaft sprach sie vor allem zu Frauenfragen und Problemen der Wohlfahrt und der Erziehung.

Trotz ihrer umfangreichen parteipolitischen Arbeit schloss Rita Bardenheuer sich 1919 noch der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, Ortsgruppe Bremen an und war bis 1925 deren 2. Vorsitzende. Ab 1920 war sie auch Vorsitzende des Bundes für Mutterschutz. Hier Hauptanliegen galt der Neuorganisation der Fürsorge. 1921 legte sie aufgrund der Streitigkeiten innerhalb der Partei ihr Bürgerschaftsmandat nieder und trat 1922 aus der SPD aus, da ihr Mann, der nun selbständiger Kaufmann war, mehr und mehr Schwierigkeiten bekam.
Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit in der Friedensbewegung und der Mutterschutzbewegung. Sie setzte sich entschieden für eine Reorganisation des Wohlfahrtswesens ein. In einer vom Senat eingesetzten Kommission, die Vorschläge für die Reorganisation der Armenpflege ausarbeiten sollte, waren es vor allem die Frauen dieser Kommission unter maßgeblicher Beteiligung Rita Bardenheuers, die Anregungen für das Konzept einbrachten.1 Das bisher existierende Armenamt sollte durch ein Fürsorgeamt ersetzt, ein Jugendamt und ein Gesundheitsamt sollte eingerichtet werden. Außerdem forderten die Frauen die Einrichtung eines Pflegeamtes, dass sich um verwahrloste Jugendliche, insbesondere auch Prostituierte kümmern sollte. Damit verfolgten sie die Absicht, Prostituierte der alleinigen Macht der Polizei zu entziehen . In der Bürgerschaftssitzung vom 12.12.1920 berichtete sie von einem Besuch der Helenenstraße: "...Aber wer einmal gesehen hat, wie ich....wie die Mädchen gebadet, frisiert, und zurecht gemacht werden, um nun von den Männern wie ein Gegenstand gebraucht zuwerden, den muß der Abscheu schütteln, dass sogar der Staat zu solchen Dingen seine Mitwirkung gibt......Wir wollen ein Pflegeamt, das die Prostitution mit anderen als mit den alten Mitteln bekämpfen will."2 Dazu gehörte ihrer Meinung nach auch nicht nur die gesundheitliche Kontrolle der Frauen sondern auch die der Männer. "Eine Woche vor der entscheidenden Bürgerschaftsversammlung, in der über beides beraten werden und abgestimmt werden sollte, luden der Bremer Bund für Mutterschutz, die Abolitionistische Föderation und der Verein Mütter- und Säuglingsheime alle Bürgerschaftsabgeordneten zu einem Vortragsabend ein... Außer einigen der weiblichen Bürgerschafts-abgeordneten war keine der männlichen Volksvertretererschienen."3 Erst 1924 gelang es den Frauen, ein Pflegeamt nach ihren Vorstellungen durchzusetzen, in dessen beide Räume der Bund für Mutterschutz auch eine Beratungsstelle einrichten konnte.

Von 1925 - 1927 und auch 1930 war sie Vertreterin der Frauenvereine im Ausschuss für nichtstaatliches und kommunales Fachschulwesen, hier insbesondere Vertreterin der Schulen des Frauen- Erwerbs- und Ausbildungsvereins, der nach dem 1. Weltkrieg die Allgemeine Frauenschule, eine einfache und eine Höhere Handelsschule, das sozialpädagogische Seminar für Kindergärtnerinnen und -Pflegeschule und ein Gewerbelehrerinnenseminar betrieb. 1928 veranstaltete der Bund gemeinsam mit der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit eine Versammlung im Vorfeld der Reichtagswahl, auf der Rita Bardenheuer zum Thema "Was muss eine sozial empfindende Frau vom neuen Reichstags fordern?" sprach. Sie führte aus, dies müsse "Wohnungsbau, Förderung des Siedlungswesens, Gesundheitsfürsorge, Kinderspeisung, Einheitlichkeit des Schulwesens und gleiche Entlohnung bei gleicher Leistung für beide Geschlechter" sein - Forderungen von einer bemerkenswerten Aktualität. Der Bund beteiligte sich an den internationalen Diskussionen zur Sexualreform und der Reform des Ehe- und Scheidungsgesetzes und plante die Gründung einer Rechtsschutzstelle für Frauen, die die Arbeit der bereits im Jahre 1907 eingerichteten Beratungsstelle für Frauen des Bundes nun auf einer anderen Basis fortsetzen konnte. Sie wurde sehr stark in Anspruch genommen, insbesondere von schwangeren Frauen, die rechtliche Hilfe bei der Durchsetzung von Forderungen gegen die Väter ihrer Kinder benötigten und auch in Scheidungsfällen rechtlichen Rat brauchten.
Diskutiert wurde zu dieser Zeit jedoch auch schon bevölkerungspolitische Frage. So trat Rita Bardenheuer für eine Geburtenkontrolle auch mit dem Argument ein, dass damit zu viel Nachwuchs bei denen verhindert würden, die nicht in der Lage seien, die Kinder angemessen großzuziehen. Die Bevölkerungspolitik sollte der "Menschheitsveredelung" dienen. Auch wurde über den Umgang mit Behinderten diskutiert. Der Oberarzt der Berliner Irrenanstalt Wuhlgarten hielt im Dezember 1928 einen Vortrag unter der Fragestellung "Dürfen wir Minderwertige unschädlich machen?" und der Bund war keineswegs entsetzt, sondern diskutierte darüber, ob die Fürsorge für "Minderwertige" nicht zu Lasten des gesunden Nachwuchses gehe. Auch die Forderung nach Einstellung weiblicher Polizeibeamter wurde erhoben, weil es offenbar bei Verhören von Frauen zu sexistischen Bemerkungen und Annäherungsversuchen gekommen war. Die Forderung nach Errichtung eines Wohnheimes für berufstätige Mütter mit Kindern konnten nicht durchgesetzt werden, und erst 1929 wurde die Ehe- und Sexualberatungsstelle beim Gesundheitsamt eingerichtet, in der Rita Bardenheuer mitarbeitete.
Mit der Machtübernahme der Nazis wurde Rita Bardenheuer gezwungen, sich in ihren Haushalt zurückzuziehen. Und man ließ sie spüren wie man zu ihr stand. Als sie 1933 einen Pass beantragte, wurde dies abgelehnt. Am 19. Mai gab der Bund für Mutterschutz und Sexualreform seine Arbeit auf, weil diese unter der Diktatur nicht mehr möglich war. Ihre enge Freundschaft zu Auguste Kirchhoff, die nach dem Tod ihres Mannes journalistisch sehr aktiv war und die zahlreiche Vorträge zur Friedensfrage und dem wachsenden Faschismus hielt, war sie weiterhin eng befreundet.

Publikationen:
Woher und Wohin, Geschichtliches und Grundsätzliches aus der Frauenbewegung, Leipzig 1918


Literatur und Quellen:
1.König, Johann-Günter: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Rita Bardenheuer in: Die streitbaren Bremerinnen, Bremen 1981,S.217 - 277, S. 220
2.vergl. Meyer-Renschhausen, Elisabeth, Weibliche Kultur und soziale Arbeit, Eine Geschichte der Frauenbewegung am Beispiel Bremen 1810 - 1927, Bremens 1989,S.335ff.
3.ebda. S.341 ff. Bachmann, Elfriede,Die bremische Sozialpolitikerin Rita Bardenheuer 1877 – 1943,Jahrbuch der Wittheit zu Bremen, Bd. XVI, S.203- 225
Bildquelle:StAB 10,B-Kartei-948
Autorin:Edith Laudowicz
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