Agnes war die jüngste Tochter der aus Leipzig stammenden Agnes Gustava Minna Hoffmann(1848-1930)
und des Bremer Paul Ludwig von Kapff. Das erste Kind des Paares, ihre Tochter Edda Julie Agnes, wurde 30.3.1869 geboren (gest. 18.11.1913), zwei Jahre später ihr Sohn André Ludwig (21.6.1871).
Die 1874 geborene Tochter Marie Louise von Kapff starb vier Monate nach ihrer Geburt (17.2. -15.6. 1874). Am 21 10. 1875 wurde Aline Louise geboren, 1880 Agnes Luise und 1882 ihr letztes Kind Hans,
der nur zehn Jahre alt wurde. Die Familie lebte in dem von Paul Ludwig von Kapff 1884 erbauten am Villa Osterdeich 53.
Im Alter von 19 Jahren wurde Agnes Luise von dem Maler Gottfried Josef Hofer in einer aufwändigen Abendrobe porträtiert.
Schon als junges Mädchen spielte sie leidenschaftlich Golf im Club zur Vahr.
1901 gewann sie die Internationale Golfmeisterschaft von Dänemark, das erste offene Golfturnier,
das auf dem europäischen Kontinent nachweisbar ist. Sie war die erste Frau, die den Titel "Golf-Champion" gewann.
Sie gehörte dem Leserkreis Goldene Wolke, deren erste gemeinsame Lesung in ihrem Elternhaus stattfand. Weitere Mitglieder waren: "Dr.Robert Voigt und Frau Lina, geb. Schröder, August Heye und Frau Clärchen, geb. Schröder - beide Schwestern von Rudolf Alexander;
und dann mein Mann und ich. Die jungen Mädchen: Lina Segnitz, Dorrel Seebeck, Lisa Strube, Agnes v. Kapff und Gustava Tewes. Die jungen Herren: der damalige Bremer Konzertmeister Schleicher, Sigmund Gildemeister, Dr. Leo Strube, Dr. Georg Crüsemann, Oscar Toutelle, Leo Rassow, Hans Otto v. Hammerstein und dann natürlich Rudolf Alexander Schröder und Alfred Walter Heymel als Gründer des Ganzen; später kam noch Max v.
Frantzius dazu.
"Und wie viele Abende wurden dann schön durch die Duette, die Lina Voigt mit ihrem sich mehr und mehr entfaltenden Mezzosopran und er mit seinem weichen Tenor für uns sangen. Ja, die "Goldene Wolke" tönte immer von vielerlei Musik. Und wenn sich mehr und mehr die Herzen dabei verfingen, dann war meist Agnes v. Kapffs großer Augenblick,1 S.20 Um uns von der himmlischen Verzauberung der Kantilene in die irdische Bezauberung durch ihre Songs zurückzuholen. Es war keine große Stimme, aber es war doch ein romantischer Duft in ihrem Gesang und ein weicher Hauch von Lyrik:
"She was a miller's daughter and lived besides the mill, though there were flies on fhe water, yet she was flightier still."Da stand sie dann mit ihrem aparten Gesicht, unter dessen dunklen Brauen plötzlich höchst lebendig ihre Augen uns anblitzten. Und wenn zuletzt unser Lieblingslied kam, gab's, vornehmlich bei den Herren, bald kein Halten mehr; den Refrain sang alles ausgelassen mit…."Ach, Agnes, damit machtest du die stärksten Männerherzen weich."1
Sie war der Musik sehr zugetan, Marga Berk schildert eine weitere Begebenheit sie weihen das neue Haus von Dr. Bernhard Wilckens und seiner Frau Anna, geb. Kulenkampff ein: " Ohne Ahnung von dem, was wir an Plänen schmiedeten, war das Ehepaar Wilckens zu einem getarnten Diner bei ändern Freunden eingeladen.
Und während sie sich oben in ihrem Schlafzimmer dazu umzogen, wurden unten, ganz leise, über den Seitenweg am Garten entlang und durch die hintere Kellertür für 85 Personen die Stühle, die Tische, Porzellan, Glas und das ganze Abendessen hereingebracht.2
Ännchen Wilckens hatte ihren Wagen bestellt, um abzufahren. Sie öffnete das Fenster, um zu sehen, ob der Wagen da sei, und entdeckte statt dessen zwei Schutzmänner, die von uns bestellt waren, um das Gewimmel der Wagen, die von drei Seiten kamen, zu dirigieren. Die ganze Bentheimstraße stand schon voller Kutschen - sie rief erschrocken: "Schutzmann, was ist denn da los?" Und aufgeregt fragte sie nach ihrem Mann, der schon die Treppe hinuntergegangen war, als Sturm an der Haustür geläutet wurde. Er öffnete die Tür, und als erster erschien mein Mann mit der Portiers" mutze des "Grand Hotel Bentheim", unter welchem Titel wir diesen Abend arrangiert hatten. August Heye folgte als Hausdiener, ich als Zimmermädchen in hellblauem Kattun mit der weißen Raupe auf dem Haar und hinter uns eine komische Figur nach der ändern. In der Halle wurde das Riesenplakat mit dem Programm des Abends "Im Hotel Bentheim" befestigt: "Belauschter Flirt des Liftboys mit einem Zimmermädchen", "Tanz der Isadora Duncan", usw.
Nach diesem Tanz der Duncan, den übrigens unser würdiger Hüne Robert Voigt unter schluchzendem Lachen der Anwesenden mit Exzentrik vollführte, er schien die italienische Sängergruppe, Toutelle mit seinen Schülerinnen Lina Voigt, Gustava Tewes, Lina Segnitz. Toutelle spielte Mandoline und sang dazu, Agnes spielte Gitarre. Dann kam ein Holzschuhtanz von Clärchen, Lina und Agnes, holterdiepolter, nach der Melodie des letzten Schlagers "Josephine von der Heilsarmee", natürlich im Text umgedichtet auf die Dame des Hauses: "Wir sind drei kleine Mädchen aus dem Waisenhaus, wo unsere Mutter Anna stets geht ein und aus" (Anna Wilckens war im Vorstand des Bremer Waisenhauses.)A gnes v. Kapff konnte nicht nur mit ihren Songs, sondern auch im Sattel englisch alle Hürden nehmen und sich stilvoll in der Quadrille bewegen; die Abende bei ihrer Tante, unser aller Tante, Aline v. Kapff, der großen Gönnerin bremischen Zuschnitts, vereinten Kunst und Gesellschaft auf bezaubernde Art.3
Am 7.1.1908 heiratete sie Ernst Boecker (*27.3.1862-): Den Abschied aus Bremen beschreibt Marga Berck:
"Am lebhaftesten jedoch steht mir der Abschied von unserer Agnes v. Kapff vor Augen. Sie heiratete nach Paris, wo ihr Mann,
der Bankier Ernst Boecker, ein eigenes Bankhaus hatte und mit Alfred Gans in der Rue Lafitte assoziiert war. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges stand Boecker als einer der überragendsten Männer der großen Finanzwelt inmitten eines Kreises von Bankleuten und Diplomaten,
in enger Verbindung mit der Deutschen Botschaft in Paris. Und es kennzeichnet seine Geltung, dass er, obwohl er Deutscher geblieben war,
von den Franzosen zum Ritter der Ehrenlegion gemacht wurde. Boeckers bewohnten während der Sommermonate in Poissy ein prächtiges Haus im Louis=XVI. Stil, das eine Sehenswürdigkeit für sich war. Es hatte einst dem Maler Meissonnier gehört. An allen Wänden und im Treppenhaus hatte er hochinteressante Studien zu seinen Gemälden gemacht; den Billardsaal, sein früheres Atelier, schmückte ein Riesenfresko "Napoleon in Ägypten". Und wer heute sich die Mühe machen würde, das Werk Meissonniers zu verfolgen,
der würde fast auf allen Bildern Details aus dem Haus unserer Agnes entdecken können, die wunderbare Auffahrt vor allem und die Rosenpergola, die in den Sommern voller Blüte war. Wir suchten uns und ihr damals das Abschiednehmen leicht" zumachen - Paris, das war ja für uns allzeit zu Wolkenreisen Bereiten nicht aus der Welt. Land so stellten wir ihren ganzen Polterabend, ein köstliches Fest in dem unvergeßlichen Haus "unserer" Tante Aline v. Kapff, ganz unter den Gedanken herzlichster Adieux für Paris.4
1903 wurde ihre Tochter Yolande (1903-1951) geboren, am 31.3.1911,die Tochter Andrea 1908, der Sohn Johann Ludwig und 1910 Richard.
Ihr Mann starb bereits 1918. Ob sie in Paris blieb oder nach Bremen zurückging, war nicht zu ermitteln, ist aber anzunehmen. Ihre Tochter Andrea heiratete 1934 den Kunsthistoriker Carlheinz Franz Oskar Pfitzner (geb.1908 in Rotterdam), der am 25.3.1944 in Odessa umkam.
Ihre beiden Söhne fielen im 2. Weltkrieg: Johann 1942, Richard 1945. 1964 übergab Agnes Boecker von Kapff dem Focke Museum 25 Porträts ihrer Vorfahren.
In zweiter Ehe heiratete ihre Tochter Andrea am 27.12.1950 Bremen Walter André, (*5.1.1899), Inhaber der Fa. Arno André aus Bünden. Vermutlich lebte sie fortan in Bünde.
1964 übergab Agnes Boecker von Kapff dem Focke Museum 25 Porträts ihrer Vorfahren. Sie starb im Januar 1969 in Bünde.
Autorin; Edith Laudowicz
Anmerkungen:
1. Marga Berck, Die Goldene Wolke S.20
2. ebda. s.24
3. ebda: S.28
4. ebda. $.78
Literatur und Quellen:
Marga Berck, Die Goldene Wolke,Bremen 1954
Ein Hauch von Eleganz - 200 Jahre Mode in Bremen, Handbuch zur Sonderausstellung des Focke-Museums vom 7.Oktober 1964-13. Februar
1965
http://grabsteine.genealogy.net/tomb.php?cem=135&tomb=7514&b=B&lang=se
Bildquellen hier und Berck,Die goldene Wolke