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Sara Agnes Heineken
13.7.1872 Bremen - 5.7.1954 Bremen
 

Sara Agnes war die Tochter von Hermann Friedrich Heineken (1835-1918) und Agneta, geb. Tholen (1844-1912).Ihr Vater war Baurat und Vorstand der Hafeninspektion. Mit den fünf Geschwistern und zwei Tanten verbrachte sie eine erlebnisreiche Kindheit im Wohnhaus an der Schlachte am Weserufer.
Von 1878 bis 1890 besuchte sie die private Höhere Mädchenschule von Ida Janson und das Lehrerinnenseminar von A.M.Janson, wo sie eine Schülerin von Mathilde Lammers war. Im Oktober 1890 bestand sie die Prüfung für den Unterricht an Volks- und Elementarschulen, die zur Lehrtätigkeit in den unteren und mittleren Klassen Höherer Mädchenschulen berechtigte.
Sie unterrichtete fast zwei Jahre in den unteren Klassen der Schule. Nach einem längeren Aufenthalt in Paris legte sie im Oktober 1894 in Bremen das Examen für den Französischunterricht an Höheren Mädchenschulen ab. Ab Herbst 1899 studierte sie in Göttingen Deutsch, Geschichte und Philosophie und bestand 1903 das Examen als Oberlehrerin an öffentlichen Mädchenschulen. Seitdem unterrichtete sie als Oberlehrerin im Seminar und in der Schule von A.M. Janson die Fächer Deutsch, Geschichte und Französisch. 1908 bestand sie in Bremen die Prüfung für das Amt einer "Vorsteherin" an Höheren Mädchenschulen. Durch das eigene Studium angeregt, hatte sie den Wunsch, auch anderen Bremer Frauen und Mädchen den Zugang zur Universität zu erleichtern. Sie setzte sich für das Recht der Frau auf Bildung und Teilnahme am staatlichen Leben ein. In einem Artikel der Bremer Nachrichten vom 12.6.1907 kritisierte sie die Rückständigkeit Bremens in der Mädchenschulbildung. Es gab in Bremen neben sechs staatlichen Höheren Knabenschulen keine einzige staatliche höhere Mädchenschule, während in Vegesack und Bremerhaven Höhere Mädchenschulen bestanden. Aufgrund dieses Artikels wurde ihr von Gustav Janson, der mittlerweile die Schule leitete, gekündigt.

Von 1907 bis 1918 unterrichtete sie in der Höheren Mädchenschule in Vegesack. Von hier aus nahm sie weiterhin an der Entwicklung der Frauenbewegung und der Mädchenschulreform teil. Sie trat für die Einrichtung einer staatlichen Höheren Mädchenschule und eines staatlichen Volksschullehrerinnenseminars ein. Als Vorsitzende leitete sie den Bremer Verein für Frauenstimmrecht von 1909 bis 1912. Sie rief in Vegesack und Bremerhaven je eine Ortsgruppe dieses Vereins ins Leben. 1910 war sie an der Gründung des Frauenstadtbunds Bremen beteiligt.
Sie war viele Jahre Vorstandsmitglied des Vereins Bremischer Lehrerinnen (VBL) und Vorsitzende der Bremer Sektion für Höhere und mittlere Schulen des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins (ADLV). 1909 bis 1912 gehörte sie zum Vorstand der Ortsgruppe Bremen des Deutschen Monistenbundes.


1910 beteiligte sie sich an der Gründung des Frauenstadtbundes Bremen (siehe Verena Rodewald) und war Vorstandsmitglied des Vereins bremischer Lehrerinnen und der Sektion für höhere und mittlere Schulen des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins.

1918 wurde sie Direktorin der Schulen des Frauen-Erwerbs- und Ausbildungsvereins und schuf eine Reihe von Fach- und Berufsbildungsanstalten für Mädchen: 1918 die Soziale Frauenschule, 1919 die Allgemeine Frauenschule, 1920 das Sozialpädagogische Seminar für Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen, 1921 eine höhere Handelsschule, 1923 die Kinderpflegerinnenschule, 1926 das Seminar zur Ausbildung von Gewerbelehrerinnen und 1929 die höhere Fachschule für Frauenberufe.

Als Abgeordnete für die Deutsche Demokratische Partei (DDP) gehörte Agnes Heineken von 1919-1920 der Bremischen Nationalversammlung und anschließend von 1920-1921 und von 1923-1930 der Bremischen Bürgerschaft an. Zu den grossen Leistungen Agnes Heinekens zählt die Einführung des "Bremer Jahres", einem hauswirtschaftlichen Pflichtfortbildungsschuljahr für Mädchen nach dem achten Schuljahr, das im April 1920 von der Bürgerschaft beschlossen wurde. Im Rahmen ihrer parlamentarischen Arbeit setzte sie sich u.a. für die Einheitsschule, Stipendien für Hochschüler und die Fortbildung arbeitsloser Frauen und Mädchen ein. 1933 wurde Agnes Heineken bei gekürzter Pension von den Nationalsozialisten entlassen, ihre pädagogische Arbeit wurde gewaltsam beendet. Sie lebte im Freundeskreis und half verfolgten jüdischen Bürgern.

1950 wurde Agnes Heineken Ehrenpräsidentin des von ihr nach dem Kriege mitgegründeten Bremer Frauenausschusses. Dem Bremer Senat diente sie als Beraterin für das Mädchenschulwesen.

"Agnes Heineken war eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Bescheiden und selbstlos kämpfte sie, von ihrem hohen sozialen Verantwortungsgefühl geleitet, unermüdlich für Mädchen- und Frauenbildung. Sie war fest davon überzeugt, dass selbständiges Denken zu selbständigem Handeln führt; die Grundlage hierfür sah sie in einer fundierten Bildung. In diesem Sinne ermahnte sie ihre Schülerinnen. Sie war eine sehr beliebte, warmherzige, mütterlich wirkende Lehrerin, die von ihren Schülerinnen und Kolleginnen bewundert und verehrt wurde." hieß es in ihrem Nachruf2

1957 wurde beim Berufsbildungszentrum Bremen-Mitte(BBZ)eine Stele mit ihrem Porträt aufgestellt, die vom Bildhauer Kurt Lettow geschaffen wurde. In Bremen Obervieland-wurde 1968 eine Straße nach ihr benannt.

Literatur und Quellen:
Bachmann, Elfriede: in: Bremische Biographien 1912-1962, Bremen 1969, S.221-223
Essig, Olga: in: Mädchenbildung und Frauenschaffen, 6.Jg., Bremen 1956
König, Johann-Günter: Die streitbaren Bremerinnen, Bremen 1981
Wulff, Hinrich: Geschichte und Gesicht der Bremischen Lehrerschaft, Bd.2, Bremen 1950
Verhandlungen der Bremischen Bürgerschaft 23.4.1920

Autorin: Hilda Uhlenhaut