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Dora Maria Herwelly verh. Marwede-Herwelly
28.2.1891 - 24.11.1967 Bremen

Dora Maria Herwelly begann ihre künstlerische Laufbahn vor dem Ersten Weltkrieg in Bremerhaven, sie erhielt ab 1918 ein Engagement in Chemnitz. Dort spielte sie im Dezember in Ibsens Stück "Die Stützen der Gesellschaft" und im März 1919 in "Rosmersholm" (Ibsen).
1921 kam sie für vier Spielzeiten an das Bremer Theater. Sie trat u.a. in Goethes "Clavigo" auf: Danach war sie je drei Jahre in Chemnitz, Köln und Erfurt engagiert. 1927 kam sie für sechs Wochen als Gastschauspielerin im Stück "Elisabeth von Essex" von Buchner erneut an das Bremer Theater.
In Bremen lernte sie Friedrich Carl Marwede kennen, der von 1923 bis 1926 Chefredakteur der Bremer Zeitung war, den sie heiratete. Das Paar hatte zwei Töchter, Dorlinde und Adelgunde. Nicht festzustellen war, wo sie in der Zeit von 1933 bis 1945 lebte, zu vermuten ist jedoch in Hamburg, da ihr Mann, Oberst der Abwehr, dort unter dem Namen "Pfalzgraf" das Hamburger Büro der Abwehr leitete. Er stellte während des Krieges Verbindungen zu IRA her um gemeinsame Aktionen in England zu unternehmen.1945 geriet er in britische Gefangenschaft. Sie trat ab 1945 wieder in Bremen auf, so im Künstlertheater in dem Stück von Sommerset Maugham "Die heilige Flamme". In den Spielzeiten 1946 und 1947/48 spielte sie in Ibsens "Gespenster". Im Weser-Kurier hieß es über ihre Darstellung: "Die begehrte Mütterrolle spielt DMH mit der Eigenart, die ihrem anerkannten Können eine bestimmte Note verleiht. Sie gestaltet das grauenerfüllte Schicksal dieser Mater Dolorosa im Empfindungsstil der Entstehungszeit, niobenhaft, schmerzversteinert tritt sie uns entgegen..."1 1948 erteilte sie an der Volkshochschule einen Kursus in Sprach- und Stimmbildung: Sie bildete im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Musikschule als Stimmbildnerin zahlreiche Schauspielerinnen aus, die große Berühmtheit erlangten: Margaret Jacobs, Marianne Christina Schilling, Harald Halgardt, Gerd Bollmann, Barbara Pluqué und Claus Wilckens. Er berichtete in einem Interview über ihr Arbeitsmotto: "70% des Berufs sind Arbeit und man braucht die Ellenbogen, um sich durchzusetzen"2 - eine Fähigkeit, die sie zeitlebens besaß. Sie war Stimmbildnerin an der Musikschule, dann Sprachlehrerin und Beraterin. In zahlreichen Rezitationsabenden konnte das Publikum ihre Ausdruckskraft genießen: 1945 las sie mehrmals in Buchhandlungen Henrich Stillingers Jugend von J.H. Jung. Anlässlich einer Feier zu Goethes Geburtstag im August 1947 im Künstlertheater rezitierte sie Gedichte Goethes, u.a. "Wanderers Nachtlied", die ‚Orphischen Urworte' und ‚Gott und die Bajadere'. Der Berichterstatter war begeistert: "Gedichte vor DMH sprechen zu hören ist ein uneingeschränkter Genuß"3 schrieb er im Weser-Kurier. 1949 trug sie im Atelier-Theater "Der Geist oder Hiroshima", die Geschichte der Miyoko Matsubara, Überlebende des Atombombenabwurfs, vor. Gemeinsam mit Günther Hustedt setzte sie sich für die Eröffnung des Zimmertheaters ein, das ab 1948 in einer Privatwohnung im Haus Contrescarpe 8 existierte und ab November 1951 in einem Haus Schwachhauser Ring 78. Im Januar 1953 rezitierte sie dort anlässlich einer Rudolf-Alexander-Schröder Feier aus dem Werk des Dichters. "Dora Maria H. besitzt, wie die vielen anwesenden Freunde durch herzlichen Beifall gern bestätigten, die lautere Innigkeit, die werkdienende Bescheidenheit, welche die Interpretation des dichterischen Schaffens Schröders allein gültig machen"4 kommentierte der Rezensent. In dem von Radio Bremen produzierten Hörspiel "Das Bergwerk von Falun" (nach Hugo von Hofmannsthal) unter der Regie von Gerd Westphal sprach sie eine Rolle. Als im April 1958 die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen und der Deutsche Bühnen-Verein in einer paritätisch gebildeten Prüfungskommission wieder die Abschlussprüfungen des Nachwuchses für Oper, Schauspiel und Tanz einführten, gehörte sie dieser Kommission an. Sie war fast bis zuletzt "einem Ruf des Intendanten Hübner folgend, als Sprachmeisterin am Theater am Goetheplatz tätig. Wer Dora Maria H. je auf der Bühne sah, dem wird sie für ewig lebendig bleiben"5 heißt es im Nachruf des Theaters.

Anmerkungen:
1.Weser Kurier 28.8.1947
2.WK 14.10.1947
3.WK 28.8.1947
4.WK 27.1.1953
5.WK 27.11.67
Literatur und Quellen: WK 27.3.45, 30.10.45, 4.5.46, 28.8.47, 14.10.47, 14.4.49,22.5.52, 27.1.53, 22.5.52, 13.8.54, 27.11.67
Autorin: Edith Laudowicz