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Bernhardine Cornelie Wilhelmine Schulze-Smidt, geb. Smidt,Pseudonym: E. Oswald.

9.8.1846 Dungen bei Bremen - 16.2.1920 Bremen
 



Ölbild von Margerethe Reinken 1910


Bernhardine Cornelie Schulze-Smidt wurde als älteste Tochter des Syndikus und Staatsarchivars Dr. Johann Heinrich Wilhelm Smidt (1806-1878), Sohn des Senators und Bürgermeisters Johann Smidt (1773-1857) und Johanna Cristiane, geb. Wedeke (1823-1906) auf Gut Dungen in Lesumbrok geboren.
Sie hatte vier Geschwister: zwei Schwestern - Julie Wilhelmine (1848-1927) und Johanne Christiane (1849-1929) und zwei Brüder: Johann Christian (1852-1885) und Johann Heinrich (1854-1926).

Auf Gut Dunge verlebte sie eine glückliche Kindheit über die sie schrieb: "Das allerschönste 'Draußen' aber war..... doch die alte Dunge.1" Im Haus ging "ohne Abkleidung die Viehdiele mit Kuh und Kalb und Hühnergackern in die sommerliche Halle über; frei loderte das gastliche Feuer auf offener Herdstelle..... An die Halle schloß sich der Querbau des Herrschaftshauses"2.Ihre Kindheitserinnerungen fanden auch Eingang in ihr 1895 verfasstes Buch "Jugendparadies - Eine wahre Geschichte für Kinder und ihre Freunde". Zwar wurde das Buch als Kinderliteratur empfohlen, seine aus der Sicht einer Erwachsenen geprägte Darstellung verklärt jedoch diese Kindheit.
Ihr Vater, Direktor des Staatsarchivs gab war nicht nur administrativ tätig, sondern befasste sich mit plattdeutscher Literatur und gab 1836 "Kinder- und Ammen-Reime in plattdeutscher Mundart" , Herausgegeben zum Besten des Kleinen Frauenvereins" heraus und sammelte auch mundartliche Sprichwörter. Er unterstützte die literarischen Ambitionen seiner Tochter, indem er heimlich ihre Erzählung "Föhrenbrink" bei einer Bremer Tageszeitung einreichte, die dann gedruckt wurde.
1869 heiratete sie in Münster den Sondershausener, später Hannoveraner, Regierungsrat Ernst Oswald Schulze (1836 - 1886), dem sie nach Sondershausen, Rudolstadt und Hannover folgte. Sie hatte vier Kinder - das letzte, ihren Sohn Johann Heinrich (1854-1920) gebar die Vierzigjährige kurz nach dem Tod ihres Mannes.
Sie verfügte jedoch nur über eine relativ kleine Witwenpension, deshalb diente ihr fortan das Schreiben als Broterwerb. In ihrem Lebensrückblick vermerkte sie stolz, dass sie ihre "ersten hundert Taler mit der Feder... 1873 als junge Frau verdient"1 habe. Weitere Erzählungen - zunächst unter dem Pseudonym E. Oswald, angelehnt an die Vornamen ihres Ehemannes - erschienen ab 1874. 1880 veröffentlichte sie ihren ersten Roman "Inge von Rantum", der einen großen LeserInnenkreis und mehrere Auflagen fand. In kurzen Abständen folgten weitere Romane, Erzählungen und Novellen. Ab 1883 schrieb sie unter ihrem eigenen Namen. Laut Beschluss des Senats vom 18.7.1893 war ihr gestattet worden, ihrem Ehenamen den Vatersnamen beizufügen.
Ihre Romane, die als gehobene Unterhaltungslektüre gelten können, sind in Stil und Thematik stark vom Zeitgeschmack beeinflusst. Den Mittelpunkt der Handlungen bilden in vielen Werken Liebesbeziehungen.In den 90er Jahren veröffentlichte sie eine Reihe von Büchern, die man zum Genre der sogenannten "Backfischliteratur" rechnen muss. Einige ihrer Werke erschienen in der "Kränzchen Bibliothek" eine Mädchenbuch-Reihe des Verlags Union Deutsche Verlagsgesellschaft. Sie erschien von 1899 bis 1934, veröffentlicht wurden besonders erfolgreiche Romane (u.a. Else Ury), die zuerst als Fortsetzungsgeschichte in der Zeitschrift "Das Kränzchen" veröffentlicht wurden.
Wohl aufgrund eigener Erfahrung setzte sich Bernhardine Schulze-Smidt in ihren Büchern für junge Frauen auch mit der Problematik weiblicher Berufstätigkeit auseinander.



In einigen Werken greift sie auf eigene Erinnerungen zurück, so in "Jugendparadies. eine Geschichte für Kinder", in der ein eher sentimentaler bis rührseliger Blick auf die Kindheit geworfen wird und eher keine Lektüre für Kinder darstellt. Eine Reihe von Erzählungen spielen in Bremen und geben einen Einblick in die bürgerlichen Verhältnisse und Anschauungen. 1911 beschrieb sie in ihrem Roman "Engelswiege" die Situation zur Zeit der Kriege in Holland, als zahlreiche holländische Flüchtlinge in die Stadt kamen. Dieses Buch widmete sie ihrer "geliebten Vaterstadt", in die sie 1912 zurückgekehrt war. Im Jahre 1913 erschien die von ihr verfasste Biographie ihres Großvaters Johann Smidt, die vor allem durch die Veröffentlichung vieler privater Erinnerungen und Reisebriefe des Bürgermeisters eine wertvolle historische Informationsquelle darstellt. In dieser Biographie beschrieb sie auch das Verhalten ihrer Großmutter Wilhelmine Smidt, geb. Rohde (1777-1848). Obgleich diese eine gescheite und intelligente Frau war, der J.F. Herbart seine Schrift über Pestalozzi "Wie Gertrud ihre Kinder lehrte" widmete, stand sie ihrem Mann nicht nur treu ergeben zur Seite, sondern ordnete sich ihm auch unter.Bernhardine Schulze-Smidt schrieb: "Laßt mich an dieser Stelle gleich Grossmutters liebes Bild zeichnen... andächtig-hingebend blickte sie zu ihrem Manne empor, den sie vorahnend als einen Auserwählten erkannte. Sie glättete allezeit die Unebenheiten seines lebenssprühenden Charakters; sie las mit stiller Klugheit in seinen Augen unter buschigen Brauen und lernte. - Lernte reden und schweigen, wie es 'Smidt' frommte, und diente seinem Leben und ihm, als ihrem Erhalter und Schützer, in weiblicher Sanftmut und kindlicher Demut, ihn bis in seinen geheimsten Wesensgrund verstehend"3.
Sie unternahm ausgedehnte Reisen in die Schweiz, nach England, Frankreich, Griechenland, Montenegro, Dalmatien und die Türkei. Hier muss sie auch ihre Sprachkenntnisse erworben haben, denn sie übersetzte mehrere Werke mit türkischen Liedern. Sie engagierte sich in Bremen im Evangelischen Frauenbund. Sie starb 1920.In der Trauerrede würdigte Pastor Hartwich die Autorin als eine "verhältnismäßig sorgenfreie und für ihr eigenes Bewußtsein von

aller Welt unabhängige und ungebundene Frau" die ihren Kindern eine fürsorgliche Mutter und ihrem großen Freundeskreis eine liebenswürdige, stets hilfsbereite Frau gewesen sei.4 Bernhardine Schulze-Smidt hinterließ ihren Erben nicht nur ein umfangreiches Werk, sondern auch einige Kapitel ihrer Lebenserinnerungen, die der Veröffentlichung harren.

*Bildquelle:http://bremen-grambke.de/Kleine+Dunge

Publikationen:
  • Selbständige Veröffentlichungen:
  • Fern von der Welt Getriebe. Zwei Novellen. Berlin:
  • Wedekind und Schwieger 1874
  • Im Aquarium.Eine Geschichte aus der Wasserkur [Erz.], 1876
  • Aus Heimath und Fremde. Drei Erzählungen. 1876;
  • Alard, ein Fragment. Epos.1877,
  • Rita Gerrits. Eine ostfriesische Geschichte, 1880 ;
  • Neuausg. Reutlingen 1895, Inga von Rantum. Sylter Novelle, 1881 ;
  • Zwei Novellen. Rote Kohlen. Il pomo d'oro, Gotha 1883;
  • Er lebt [Erz.], Bielefeld 1884
  • Deutsche Geisterstimmen. Vaterländisches Festspiel. Mittler, Berlin 1884
  • Pfadfinder. 3 Erzählungen. Bielefeld 1889;
  • Bleistift-Skizzen. Erinnerungen an die Pariser Weltausstellung von 1889, Bremen;
  • Mellas Studentenjahre, Roman, 1892;
  • Wenn man liebt. Eine Geschichte in 4 Bildern, 1892;
  • In Moor und Marsch. Roman aus dem Jahre 1812, 1893;
  • Holde Siebzehn. Erzählung für junge Mädchen, 1894;
  • L'Omicida. Il Bricconcello. Zwei Novellen. 1898;
  • Jugendparadies. Eine wahre Geschichte für Kinder und ihre Freunde,Bielefel und Leipzig 1895
  • Mit dem Glücksschiff. Eine Geschichte zu Wasser und zu Lande für junge Mädchen, 1895;
  • Pave, der Sünder. Eine Geschichte aus Dalmatien, 1896;
  • Weltkind. Eine Idylle aus dem Rheingau, 1896;
  • Constantinopel. Friedliche Reiseerinnerungen, 1897;
  • Kein Gitter hindert Cupido [Roman], 1897;
  • Mellas Studentenjahr. Eine Backfischgeschichte, 1897;
  • Franzosengeschichten. 3 Novellen, Dresden 1898;
  • In Moor und Marsch. Roman aus dem Jahre 1812, 1893;
  • So wachsen deiner Seele Flügel! [Roman], 1897;
  • Die Drei. Roman, Dresden: Reißner 1899;
  • Ringende Seele. Auch eine Liebesgeschichte, 1899;
  • Eiserne Zeit. Eine Familiengeschichte aus den Befreiungskriegen. 1899;
  • Tiny und Tinys Gespielen. Eine Geschichte für die Kleinen und ihre Freunde, 1900;
  • Kränzchen Bibliothek, - Das Hansefeldt.1900;
  • Arkadien und andere Novellen, Dresden: 1900;
  • Leiden. Blätter aus einem Lebensbuche, Dresden 1901;
  • Ein Bruder und eine Schwester. Eine Geschichte aus dem Winkel und der Welt, Bremen 1902
  • Eiserne Zeit. Eine Familiengeschichte aus den Befreiungskriegen, Bielefeld 1899;
  • Aus dem goldenen Buche. Eine Geschichte in zwei Teilen für die reifere Jugend. Bielefeld, Leipzig: Velhagen und Klasing 1903. –
  • Im finsteren Tal, Dresden: Reißner 1903;
  • Magnus Collund. Das Schicksal einer Liebe. Roman, 1904;
  • Drei Freundinnen, Stuttgart 1903;
  • Dein und Mein. Weihnachtslieder. Bremen 1903;
  • Demoiselle Engel. Eine Altbremer-Hausgeschichte, 1904;
  • Kinderherzen, gesammelte Erzählungen für die Jugend, 1905;
  • Hinter den Wäldern. Eine Episode, 1906;
  • Häusliche Lebenskunst. Ein Hilfs- und Erfahrungsbuch für Heim und Haushalt besonders für die Küche, Dresden 1910;
  • Kinderherzen. Gesammelte Erzählungen für die Jugend, Stuttgart 1905;
  • Fließendes Wasser. Roman, 1909;
  • Die Tat. Eine vergessene Geschichte; 1909;
  • Allerlei Volk. Novellen, 1910;
  • Er führet mich auf rechtem Pfade. Eine Hirtengeschichte, 1920;
  • Die Engelswiege. Aus der geschriebenen Chronica des D. Bernardus Fabritius, bremischen Bürgern mitgeteilt. Dresden: Reissner 1911. 97S. [Illustr.] –
  • Der alte Smidt und sein altes Bremen. Ein Erinnerungsbuch von seiner Enkelin. Bremen,
  • 1913;
  • Bürgermeister Johann Smidt, das Lebensbild eines Hanseaten. Ein Erinnerungsbuch, 1914
  • Die Romfahrten des Franz Desolatis. Eine Mannesjugend,1920
  • Das Hansefeldt, 1921
  • Demoiselle Engel - Eine Alt-Bremer Hausgeschichte, 1921;
  • Schattenblümchen, 1922
  • In Moor und Marsch. Ein Roman aus dem Jahre 1812, 1924;


  • Übersetzungen:
  • Russische Sagen. In freier Nachdichtung; Gotha: Perthes 1885;
  • Rosenblätter. Lieder und Sprüche des Volkssängers und Improvisators Gül Hanandé Assim-Agha. Dem Neutürk. nachgedichtet. Leipzig 1893
  • Türkische Liebeslieder mit Texten des Assim-Agha Gül-Hanandé. 2. Aufl. Berlin o.J.(mit P. Endmannsdörfer)
  • Türkische Liebeslieder. Duette.
  • Vom goldenen Horn. Türkisches Liederspiel für Solostimmen, gemischten Chor und Pionoforte. Komponiert von J. Rheinberger. Text nach dem Neutürk. des Assim-Agha Gül Hanandé,1885

Der Roman Inge von Rantum wurde 2010 neu aufgelegt
Beiträge in der Zeitschrift Güldenkammer
Festzeit in Rom, Heft 3. 1. Jg. S. 130-136
Römische Festzeit, 7. Heft S. 363-372
Feuer - Eine Erinnerung vom Bosporus, Aus meinem Tagebuch vor 20 Jahren, Heft 11. 2. Jg. S. 86-90
Mütter - zwei Bilder nach dem Leben, Heft 1 2. Jg., S. 602-610

Herausgabe: Ottilie Wildermuth. Briefe an einen Freund. Mit einer Lebensskizze 1910
Nachlass, Handschriftliches
UB Bremen: Magnus Collund. Das Schicksal einer Liebe,1904
2 Ged. 13 Briefe und Karten an ihren Verleger Leuwer, Bremen, 1913
DLA Marbach: Brief an Erwin Ackerknecht, 1912; 12 Briefe und Karten an Georg von Cotta, 1919f. Bayer. SB München: Briefe an Heinrich Brunn u.a.
UStB Frankfurt/M.: Briefe an H. Presber, 1881f, 1906
UB Freiburg/Br.: 4 Briefe an unbekannte Adressaten, 1883,1893

Anmerkungen
1. Vom Schreibtisch aus dem Atelier - mein Rückblick, Bremen 1906, S.632
2. ebda.
3. Bürgermeister Johann - Smidt, Bremen 1914,S.111
4. Hartwich, O: Dem Andenken von Frau Bernhardine Schulze-Smidt anläßlich ihrer Bestattung am Freitag 20. Februar 1920, Bremen 1920, S.2
Quellen und Literatur:
Hähnel, Franziskus: Die Bremischen Dichter und Schriftsteller der Gegenwart, Bremen 1893
Schwarzwälder,Herbert: Das Große Bremen-Lexikon, Bremen 2003
Stricker,Käthe: Bernhardine Cornelie Wilhelmine Schulze-Smidt in: Bremische Biographie 1912-1962, Bremen 1969, S.474-475.
Bildquellen:Bild 1:http://bremen-grambke.de/Kleine+Dunge, Zeichnungen: Anna Fehler,/ 13.07.1866- 28.09.1944 Hannover, ab 1897 wohnte sie in Göttingen und in Uelzen - Niedersachsen.Sie war Malerin, Graphikerin, Zeichnerin und Illustratorin. Diese Bilder erschienen in der Zeitschrift Niedersachsen anlässlich ihres 60. Geburtages 1906.
Autorin:Edith Laudowicz