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Thimme, Magdalene Louise Marie Charlotte Anna

3.11.1880 Marklohe/Nienburg -.12.5.1951 in Bremen


Magdalene Thimme war die Tochter des Pastors Gottfried Thimme(2.7.1837-17.7.1916 - 17. 7. 1916 in Ebstorf) und seiner Frau Emilie, geborene Münchmeyer (2.20.1865-7.5.1925),Tochter eines Konsistorialrats. Sie war das siebte von zehn1 Kindern des Ehepaars. Die Kinder wurden vom Vater zu Hause, im Dorfpfarrhaus von Schmedenstedt unterrichtet, die älteren gaben ihr Wissen an die jüngeren weiter." Geschichte und Geographie haben wir wohl alle hauptsächlich für uns lesend gelernt.2 Gelesen wurde viel und gern….gesungen wurde jeden Sonntag Abend. Auch gespielt wurde viel und gemeinsame Spaziergänge unternommen. Sie wurden schon früh angehalten, sich um Arme zu kümmern, denen sie Suppe und Reis ins Armenhaus brachten. Eine besondere Bedeutung hatte der gemeinsame Kirchbesuch mit der Mutter und den Geschwistern, um die Predigt des Vaters zu hören. Alle Kinder der Familie machten eine Ausbildung: Während die sieben Jungen studierten, wurden die Mädchen Krankenschwestern und Lehrerinnen.


Die Eltern Magdalenes

Ausbildung

Nach ihrer Konfirmation besuchte die Fünfzehnjährige ein Jahr die oberste Klasse einer Mädchenschule in Hannover, kehrte nach Hause zurück, weil sie für eine Lehrerinnenausbildung noch zu jung war und unterrichtete die beiden jüngeren Brüder ein Jahr lang. 1898 besuchte sie in Göttingen ein Lehrerinnenseminar, übersprang aber das erste Ausbildungsjahr, weil sie sich den Stoff schon zu Hause angeeignet hatte. Sie studierte Englisch, Deutsch und Religion. Auf Wunsch des Vaters nahm sie 1903 eine Stelle an der Missionsschule Hermannsburg an, um sich dadurch die Berechtigung zu einem Universitätsstudium zu erwerben. Danach kehrte sie wieder nach Haus zurück. Als ab 1905 an der Göttinger Universität Frauen als Gasthörerinnen zugelassen wurden, konnte sie sich immatrikulieren. In Göttingen wohnte sie mit ihrem jüngeren Bruder Wilhelm in einer gemeinsamen Wohnung. "Die Geschwister aßen gemeinsam, diskutieren über politische und theologische Themen, besuchten Gottesdienste und Konzerte, unternahmen Spaziergänge und Wanderungen und spielten zusammen Tennis".3
Schon hier wurde ihr kritischer Geist deutlich. Als Kaiser Wilhelm II Hannover besuchte, schrieb sie an ihre Eltern; "Da muss man sich viel empörendes Zeug anhören, z.B. eine Zusammenstellung von Luther und Bismarck."4
Wie ihr älter Bruder war sie stark an der Erweckungsbewegungen interessiert, die die Bekehrung des Einzelnen und praktische christliche Lebensweise besonders betonte und ein neues auf Entscheidung und Hingabe drängendes Christentum forderte. Sie nahm an mehreren Seminaren in Berlin teil. Ihre Auseinandersetzung mit dem Christentum, dass wie sie schrieb "ins Wanken geriet" musste auf eine neue Basis gestellt werden, die sie sich langsam erarbeitete.


Auch begeisterte sie sich für die sozialreformerischen Ideen Friedrich Naumanns. Als Prüfungsthema in Religionsgeschichte wählte sie "Inwiefern erkennt man in der Ethik des Paulus seine Persönlichkeit?"5 In ihren Germanistik Studien lernte sie die die Dichterin Anette Droste-Hülshoff,deren Gedichte sie begeisterten, kennen. Deren Geburtsort Meersburg am Bodensee besuchte mehrmals sie. Während des Studiums verliebte sie sich in den Privatdozentin, der durch seine problemorientierte Annäherung an die Literatur, ins besonders auch an Shakespeare bei den Studenten sehr beliebt war. Dieser jedoch ließ sie in einer Aussprache wissen, dass er ihr nur freundschaftliche Gefühle entgegen bringen könne - eine Enttäuschung, die zu bewältigen ihr Bruder ihr half.
1911 ging sie an das städtische Lyzeum nach Wismar, wechselte dann aber 1913 an das Oberlyzeum Kippenberg in Bremen. Hier gab sie nur wenige Stunden Unterricht bei den Schülerinnen. Diese allerdings waren von ihrer Lehrerin begeistert: "Ich habe sie sehr geliebt und geschätzt und verehrt," erinnerte sich die 92jährige Bertha Zittlosen und die gleichaltrige Hedwig Baudert erzählt von ihrem ersten Unterrichtstag bei ihr im Jahre 1916: "Sie stand an der Wand in dem blauen Kleid, die Hände auf dem Rücken, war frisch und lebendig anzusehen…sie hat mir eine Welt erschlossen, die geschichtlichen Landschaften und Personen wurden uns serviert, immer mit Fragen dazwischen, dass man es kaum vergessen kann.6 Mit dem größeren Anteil der Stunden wurde sie im Lehrerinnenseminar eingesetzt.

Erster Weltkrieg

Als der Erste Weltkrieg begann gaben ihre Eltern, die politisch konservativ eingestellt waren, 30000 Mark für eine Kriegsanleihe - dagegen hatten die Kinder nicht einzuwenden.1914 machte ihr Bruder Otto Friedrich Adolf einen Selbstmordversuch, in dessen Folge er erblindete.Mit dem Kriegsgeschehen selbst setzte sie sich vor allem unter ethischen Gesichtspunkten auseinander und gab 1918 während der Frühjahrsoffensive im Westen ihrer Hoffnung Ausdruck, dass " die anderen auch als Menschen gesehen würden" und nach Kriegsende und der Novemberrevolution äußerte sie: "Nun ist es da, das Neue…wohl ist es unendlich schmerzlich, daß solch große Not hast kommen müssen, eh es frei werden konnte…Aber ich muß glauben, daß auch ein aus der Tiefe der Überzeugung Geborenes da ist, das das Neue will…Wird es Werbekraft genug haben, daß der schlimmste Kampf der Welt erspart wird?"7 Ende 1918 zog ihre zehn Jahre ältere Schwester Gertrud Lisli Agnes Marie (geb.13.3 1871),die ausgebildete Krankenschwester war, mit ihrem 12jährigen Pflegesohn Walter Pfau zu ihr - sie lebten zunächst in der Innenstadt, kauften 1922 ein kleines Haus Am Brahmkamp in dem eine Kollegin als Untermieterin einzog. Diese Haus verkauften sie 1930 und erwarben ein etwas größeres Haus an der Riensberger Str.69. mit einem sehr großen Garten. Magdalene liebte Blumen sehr und verschenkte sie auch an die Nachbarn.

Theologische Studien

In den 20er Jahren setze sie sich mit den Schriften von Carl Barth auseinander, über die sie begeistert schrieb: "Ich habe ein fabelhaft, wundervolles Buch, gelesen…den ‚Römerbrief'von Karl Barth… Er setzt die Gedanken des Paulus in lebendigste Beziehung zu uns und all unserem Denken, so etwas las ich noch nie."8 1926-27 ließ sie sich für ein halbes Jahr beurlauben und reiste nach München um ihn dort zu hören. Sie beschäftigte sich auch mit den Schriften des Lutherforschers Karl Holl und den Reformvorschlägen des Hamburger Pastors Ludwig Heitmann, hörte sich Vorträge Albert Schweizers und des sozial engagierten Pfarrer Dehns an. Mit ihrer Freundin Clara Dreyer unternahm sie viele Reisen ins Ausland.


Schulprobleme

In der Schule entwickelte sich unter den Schülerinnen eine im stärkere konservative Haltung, unter der sie litt. Es kam sogar zu einem Eklat, da sich ihre Klasse an den Rektor mit der Behauptung "sie sei eine "wilde Politikerin, die mit vielen Mitteln arbeite, um die Mädchen zu gewinnen und sie fürchte die ‚sauere Arbeit'.9" Die Stimmung an der Schule änderte sich Verlauf der 20er Jahre zum Negativen. Während die Schülerinnen überwiegend begeistert waren, gab es im Kollegium Ablehnung, sodass sie sogar um 1930 erwog, Bremen zu verlassen, dies dann aber aus der Befürchtung, in ein neu anvisiertes Kollegium nicht passen zu können, nicht tat. Diese konservative Stimmung an der Schule und der gesellschaftlich immer stärker werdende Antisemitismus mag wohl dazu geführt haben, dass sie schon sehr früh Hitlers Mein Kampf las. "Ihr Exemplar … eine Ausgabe von 1932, ist mit Dutzenden von Strichen mit, Frage- und Ausrufungszeichen versehen. Besonders distanzierte sie sich von den Stellen, in denen Hitler den Pazifismus, den Marxismus und vor allem das Judentum verächtlich machte daneben von den Bemerkungen, die er über Führertum und arische Rasse, über die Berechtigung zur Eroberung von Lebensraum und angeblich verschenkte Siegesmöglichkeiten im Ersten Weltkrieg machte.10

Engagement in St.Stephani

Mit der Machtübernahme der Nazis wandten sie sich nach einer Predigt von Pastor Greiffenhagen der Stephanie-Gemeinde zu. Sie schrieb an ihn : "Lieber Herr Pastor, wir haben auf Ihre Predigt gewartet, Wir haben sie heute gehört und im Herzen zu ihr ja gesagt. Wir geben Ihnen die Hand." Der Brief trug außer ihrer Unterschrift noch die Namen ihrer Schwester, Clara Dreyer, Anneliese Dittrich. Alle vier traten zur St. Stephani Gemeinde über.
In der Schule verschlechterte sich die Situation durch Unterrichtsausfall, Einschränkungen bei der Hausarbeit für Schülerinnen.
Als am 24.Januar die Deutschen Christen (DC)11 den Bremischen Kirchtag und den Kirchenvorstand auflösten, und der Kirchvorstand nicht dagegen tun wollte, rief Greiffenhagen Magdalene Thimme an, die sofort zu ihm radelte. Es wurde eine Protesterklärung verfasst, die aber außer den beiden aus Angst vor Repressionen nur von den beiden unterzeichnet wurde. Auch ein weiterer Brief an die deutschchristliche Kirchleitung wurde von den beiden entworfen. Als Greiffenhagen daraufhin entlassen wurde, sammelte sie Unterschriften für einen weiteren Protestbrief.
1934 wurde der Erste Bruderrat gewählt und sie und Elisabeth Forck wurden in ihn gewählt. Weil nur furch Zuruf gewählt worden war, nahm sie die Wahl nicht an und veranlasste eine Stimmabgabe auf Zetteln. Sie bekam 112 Stimmen. Neben der Teilnahme an Sitzungen und der Protokollführung entwarf sie mit Greiffenhagen die Textgrundlage für die Bekenntnissynode im Februar 1935. Nicht alle im Bruderrat teilten diese radikale Haltung, mehrheitlich versuchte man Kompromisse zu erreichen. Beide traten deshalb aus dem Landesbruderrat wieder aus. Greiffenhagen wurde am Gründonnerstag verhaftet - für diesen Fall hatte er in einem Schriftstück niedergelegt, dass Magdalene Thimme seine Vertretung sein sollte - da er seinen Kollegen nicht davon in Kenntnis gesetzt hatte, weigerte sich dieser nun, dies umzusetzen.

Widerspruch gegen die Machthaber


Zu ersten größeren Konflikten mit den neuen Machthabern kam es, als sie 1935 nach dem Erlass zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zwar zunächst den Diensteid leistete, ihn aber dann in einem Schreiben an den Reichsminister sowie an den bremischen Bürgermeister im August modifizierte. "Durch den Erlaß des Herrn Ministers vom 12.7.35 sehe ich mich zu folgender Anfrage genötigt: Sind unter Einschränkungen oder Vorbehalten, die in dem Erlaß einer Eidesverweigerung gleichgesetzt werden, Zusätze zu verstehen, die den Eid inhaltlich verändern oder auch die Einschränkungen, die im Eide selbst enthalten ist. Die Eidesformel: So wahr mir Gott helfe' spricht aus, daß der Schwörende Gott für seinen höchsten Herrn und Gottes Hilfe für seine Rettung hält. Mit der Eidesleistung erkennt einerseits der Schwörende den Gehorsam gegen die Obrigkeit als Gottes Gebot an und verpflichtet sich zum Einsatz von Leib und Leben in ihrem Dienst. Andrerseits stellt sich auch die Obrigkeit, die diese Eidesformel vorlegt und abnimmt unter Gott. Es ist also in der Eidesformel die Fülle der positiven Verpflichtungen beschlossen. Zugleich aber enthält sie die Einschränkung des Gehorsams gegen die Obrigkeit: Wenn die Obrigkeit eine Forderung gegen Gottes Gebot erhebt, verläßt sie den Ring, der im Eide Obrigkeit und Untertan zusammenschließt. Der Untertan kann in diesem Fall seinen Eid nur halten, in dem er Gottes Gebot befolgt und der Obrigkeit ungehorsam ist. Mit diese Einschränkung habe ich seinerzeit den Eid geleistet.12"


Der Bürgermeister Otto Heider legte ihr Schreiben dem Reichstatthalter Röver in Oldenburg vor, der beschied, da sie den Eid abgelegt haben, seien ihre Erörterungen gegenstandslos. Sie blieb zunächst im Amt. 1935 wurde sie aufgefordert, in die NS Volkswohlfahrt einzutreten ( in die die meisten ihrer Kolleginnen ohne Widerspruch eingetreten waren) lehnte sie dies mit dem Argument ab, führte sie aus: " Soweit ich die Grundsätze er NSV kenne, unterstütze sie nur solche Bedürftige, die sie für erbtüchtig hält und schließt andere Bedürftige oder Kranke von ihrer Unterstützung aus(z.B. unheilbare Kranke oder bedüftige Nichtarier, auch getaufte Nichtarier). Die letzte Quelle des Unterstützungswillen ist für mich als Christin Nächstenliebe, d.h.Liebe zu meinem Bruder in Not um Christi willen. Ich kann deshalb sehrwohl die von der NSV Betrauten unterstützen und tue das gerne, aber ich kann nicht durch meinen freien Eintritt in die NSV den Ausschluss irgend eines Unterstützungsbedürftigen auf meine persönliche Verantwortung nehmen."13 Bürgermeister Heider trug nun alles zusammen,was gegen sie sprach, z.B.dass sie nicht Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund sei (wie die Mehrheit der Bremer Lehrerinnen) um sie des Amtes entheben zu können. Der Senator für das Bildungswesen schloss sich ihm an und am 18. September 1937 wurde sie in den Ruhestand versetzt. Dieser konnte zu diesem Zeitpunkt aber nicht angetreten werden, da sie eine Unterprima unterrichtete und die Klasse bis zur Reife führen musste, so dass sie noch bis zum 32. März 1938 unterrichtete. Aber auch 1938 beendete sie nicht ihren Dienst an der Schule, noch 1939 erteilte Englischunterricht in der Obersekunda.

Konflikte in der Familie


Auch innerhalb er Familie kam es zu Konflikten:Ihre Brüder Friedrich und ihr Bruder Ludwig waren aus moralisch-ethischen wie aus theologischen Gründen gegen den Nationalsozialismus. Ihr Bruder Hans,"störte sich an der Vergötzung der Volksgemeinschaft, ließ sich andererseits aber….von der Person Hitlers und Gedanken an eine welthistorische Rolle Deutschlands faszinieren" und war von einer negativen Rolle deutscher Juden in der Geschichte überzeugt , 13 Ihr Bruder Karl, Superintendent in Lilienthal, konnte sich nur zu einer milden Kritik durchringen, Mitglied der NSDAP wurde nur ihre Schwester Lilli.
Sie arbeitete eng mit Greiffenhagens Vertretung Rudolf Brock zusammen und freundete sich mit seiner Frau Hannah an. Wöchentlich führte sie Bibelstunden in Form von Gesprächsrunden durch und arbeitete an einer neuen Gemeindeordnung mit Greiffenhagen zusammen, die auch das Wahlrecht für Frauen beinhaltete. Als 1941 die Deportation der noch verbliebenen Juden angeordnet wurde, fand ein gemeinsamer Gottesdienst mit den getauften Juden in der Stephanikirche statt, in der auch Geld für die christlichen Mitglieder jüdischer Abstammung gesammelt wurde. Die Sammlung wurde von Herbert-Werner Fischer ,Christ und NSDAP-Mitglied denunziert .Die an ihr beteiligten Frauen sollten eine empfindliche Strafe erhalten: "Der Bürgermeister schlug vor, die Lehrerinnen in den Osten zu versetzen. Darauf ließ sich die bremische Schulbehörde ein, denn sie war verpflichtet, 40 Lehrkräfte in den zu germanisierenden Osten abzuordnen, wogegen es in der Lehrerschaft großen Widerstand gab. Nun schien es nahezuliegen, die unbotmäßigen Pädagoginnen nach Litzmannstadt (Lodz) zu schicken, wo sie sich, so der zynische Kommentar, im Anblick des dortigen Ghettos über Rassenunterschiede belehren könnten.Es ist eine Ironie der Geschichte, dass der Regierungspräsident von Litzmannstadt es dankend ablehnte, derart unzuverlässige Elemente als deutsche Erzieherinnen zu akzeptieren. Rassenkunde könnten sie dort nicht lernen, denn die Juden säßen völlig isoliert im Ghetto. Nun leitete der Bürgermeister ein Dienststrafverfahren gegen die drei Frauen und auch gegen Thusnelde Forck ein, obwohl diese zugestanden hatte, sie werde ihr Verhalten gegenüber Nichtariern revidieren. Die Dienststrafkammer Oldenburg entschied, dass die Beamtinnen bisauf Thusnelde Forck aus dem Dienst zu entfernen seien bei einem minimalen Übergangsgeld für die Dauer von drei Jahren. Sie legten Revision ein und erreichten im November 1942 vor dem Reichsverwaltungsgericht, dass sie bei gekürzten Bezügen im Amt belassen wurden.
1941 erklärte sich die amtliche Bremische Kirche für "antijüdisch" und die Mitgliedschaft von Christen jüdischer Herkunft in evangelischen Gemeinden für beendet. Die Gemeinde war verunsichert und diskutierte, ob man diesem Beschluss folgen müsse. Lediglich der Kreis um Magdalene Thimme blieb unbeirrbar. An Clara Dreyer schrieb sie, dass sie angesichts der Tatsache, dass jüdische Mitbrüder mehr Hilfe denn je bräuchten, diese Diskussion nicht verstehen könne und brachte zum Ausdruck, dass sie fest entschlossen sei die Gemeindeleitung niederzulegen, sollte diesem neuen Gesetz nachgegeben werden. 1946 entschuldigte sich Greiffenhagen bei den überlebenden Juden.
Im Februar 1943 leitete der Reichserziehungsminister gegen die drei Lehrerinnen ein Dienststrafverfahren ein, mit dem Ziel, sie so wie zuvor schon Magdalene Thimme in den Ruhestand zu versetzen, da sie nicht die Gewähr böten, jederzeit für den nationalsozialistischen Staat einzutreten. Das Verfahren zog sich in die Länge, und als im Februar 1944 schließlich ihre Belassung im Amt bei gekürzten Bezügen als Recht erkannt wurde, spielte sicher auch der gravierende Lehrermangel eine Rolle bei dieser Entscheidung".14

Trotz der zunehmenden Bombardierungen blieben die Schwestern in Bremen.1945 wurde ihr Haus schwer beschädigt, es konnte leidlich geflickt werden. Probleme bereite auch der Nahrungsmangel sowie die zunehmende Degeneration der Netzhaut der Augen und der graue Star ihrer Schwester und ein Schlaganfall. Auch sie selbst wurde von Krankheiten geplagt, sie zog sich eine Blutvergiftung zu und litt unter schwerer Migräne, so dass sie für eine längere Zeit nicht an der Kirchgeschichte weiterarbeiten konnte. 1945 entwickelte sie den Plan für ein katechetisches Seminar zur Lehrerausbildung, das schon im November anfing und sich im weiteren Verlauf sehr gut entwickelte. Sie fasste einen neun Plan - die Verfassung eines Biblischen Lesebuchs für Lehrer und Schüler - auch dieser wurde realisiert und sie arbeitete an ihrem Kirchgeschichtsbuch, wann immer es ihr möglich war.Sie hoffte, dass Pastor Greiffenhagen bald wieder die Gemeindeleitung übernehmen würde, doch aus Krankheitsgründen geschah dies erst 1948.
Sie erarbeitete mit der Gemeindeleitung die Predigten, hielt den Konfirmandenunterricht ab und versorgte die Soldaten der Gemeinde und evakuierte Kinder mit geistlicher Unterweisung. Ihrer nie nachlassenden Energie war es zu danken, dass in der Gemeinde trotz Bomben und Zerstreuung in alle Winde keine Bibelstunde und kein Kindergottesdienst ausfielen und der Zusammenhalt gewahrt blieb. Sie reiste nach Berlin, um mit ihrem Bruder Ludwig über die Kirchgeschichte, an der sie arbeitete, zu diskutieren. Am 14. April 1945 wure ihr Bruder Johannes,"Hans" in Berlin durch einen Bombenangriff getötet, ihr Bruder Gottfried Otto Friedrich Adolf starb im Februar 1946 in Schreiberhau (poln. Szklarska Por?ba)/Schlesien.

Nach Kriegsende

Obwohl sie 1950 für lange Zeit durch Krankheit in ihrer Arbeit weitgehend eingeschränkt war, kam sie der Bitte der Gemeinde nach, angesichts der drohenden Wiederbewaffnung eine Gemeinde-Erklärung zu verfassen" sie tat es in leidenschaftlichen Worten. Der von Pastoren umgearbeitete Text wurde am 29, September 1950 vom Vorstand des Konvent einstimmig gutgeheißen" - eine erste Erklärung, der noch viele folgen sollten. Ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich rapide, denn sie hatte Lungenkrebs und starb vor Erscheinen ihrer Kirchgeschichte, die 1958 von ihrem Bruder Wilhelm herausgegeben wurde. Sie wurde auf dem Riensberger Friedhof begraben. Ihre Schwester Gertrud überlebte sie vier Jahre.

Anmerkungen:
1. 2.Koch Dieter, S.123 3.ebda. S. 125
4.ebda. 5.ebda. Brief an die Eltern, 10.3.1908
6.Ebda. S.132
7.Ebda S.158
8.Ebda 124
9.Ebda S.135
10.Ebda 144
11.Die Deutschen Christen (DC) waren eine rassistische, antisemitische und am Führerprinzip orientierte Strömung im deutschen Protestantismus, die diesen von 1932 bis 1945 an die Ideologie des Nationalsozialismus angleichen wollte.Sie wurde 1932 als eigene Kirchenpartei in Thüringen gegründet und gewann 1933 die Leitung einiger Landeskirchen in der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK). Mit ihrer Gleichschaltungspolitik und dem Versuch, durch die Übernahme des Arierparagraphen in die Kirchenverfassung Christen jüdischer Herkunft als Judenchristen auszuschließen
12.Koch, S.158
13. ebda
14 Hannover-Drück, Elisabeth: Vortrag im Rahmen der Veranstaltung: "Du sollst nicht schweigen - Bremer Frauen unterm Naziterror" Zum 50. Jahrestag des Kriegsendes am 25. u. 28. April 1995
15.Koch. S.183

Publikationen:
Evangelische und protestantisch von Luther aus gesehen. Vortrag zum Geburtstag Luthers.1934; Wort zum Frieden,in: Jung,R.(Hg.): Wir sind in die Irre gegangen. Evangelische Kirche und Politik in Bremen 1933 bis 1945, Bremen 1984; Evangelische Christenlehre. Zwei Jahrgänge Konfirmandenbriefe, Bremen 1951/52 Thimme, Magdalene; Thimme, Wilhelm (Hrsg.) Die Geschichte der Kirche Jesu Christi für Kirche und Haus: Berlin 1956
Literatur und Quellen: Catalogus pastorum:Die Pastoren der evangelisch-lutherischen Gemeinde Krimderode
Greiffenhagen, Gustav: Erinnerungen an Magdalene Thimme, o.J. (1951);
Koch Diether "Zur Erinnerung an Magdalene Thimme 1880 - 1951", Sonderdruck aus dem bremischen Jahrbuch Band 71, 1992;S123-189,Bremen 1992
Behrens-Talla Klaus /Zobeltitz; von Louis-Ferdinand: Frauen in vor- und nachreformatorischer Zeit :: "Frauen im Bruderrat - Magdalene Thimme", 2012;
Ders. Die Haltung der St. Stephani-Gemeinde in Bremen zum Antisemitismus und zu ihren Gliedern jüdischer Herkunft nach 1933", 1993
Meyer-Zollitsch, Almuth: Nationalsozialismus und evangelische Kirche in Bremen, Bremen 1965; Röpcke, Andreas u.a.: 850 Jahre St. Stephani, Bremen 1990/Archiv Stephani-Gemeinde
Thimme Wilhelm: Die elf Geschwister in kurzen Lebensbildern Bildquellen:Eltern:Privatbesitz Dr. phil Roland Thimme(1931–2014), Meckenheim | Fotograf: Ernst Wilke, Goslar 1904 die beiden Porträts Staatsarchiv Bremen
Autorin:Edith Laudowicz ©