Bremer Frauengeschichte - Biografien: Heißenbüttel, Gesine Louise Bremer Frauengeschichte - Biografien:Thiersch, Bertha Frieda Maria - Bremer Presse
 


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Gesine Louise Heißenbüttel
3.6.1886 Bremen - 29.3.1966 Bremen

 

Gesine Louise war die Tochter des Schuhmachermeister Hinrich Heißenbüttel und seiner Ehefrau Mathilde. Sie hatte einen Bruder.
Rebekka reiste anlässlich der Berufung ihres Bruders Henrich Nikolaus als Prediger 1797 nach Göttingen. Da seine Frau häufig krank war, zog sie ganz nach Göttingen. "Mit manchen dort im Hause verkehrenden Studenten pflegte sie Freundschaften, nicht selten dauernde, die ihre ganze Lebenszeit anhielten.1" Wie viele junge bürgerliche Frauen dieser Zeit litt sie durch enddlose sitzende Beschäftigungen, mangelnde Bewegung und einengende Kleidung an Rückgratverkrümmung, dennoch" hatte sie ... mit 25 Jahren Tanzstunde im Hause von Feldhusen in der Obernstraße."2

Im Frauen-Erwerbs- und Ausbildungs-Verein (FEAV) nahm sie 1902/03 an einem Lehrgang für Handarbeit teil. Anschließend absolvierte sie eine Schneiderinnenlehre. 1904 machte sie sich als Schneiderin im Haus ihrer Eltern in der Ansgaritorstraße selbständig. 1912 gehörte sie zu den Mitgründerinnen des "Fachverbandes für selbständige Schneiderinnen", der nur nach langem Widerstand der Handwerkskammer gegründet werden konnte. 1913 machte sie die Meisterprüfung. 1918 zogen die Eltern und Gesine in eine Wohnung am Wall, wo sie wieder eine Werkstatt einrichtete. 1919 starb ihr Vater und sie musste nun auch für den Unterhalt der Mutter sorgen. 1924 verlegte sie die Werkstatt in die Rembertistraße. Sie vergrößerte sie und beschäftigte sechs Gehilfinnen, drei Lehrlinge und eine Direktrice. Nach dem Tod ihrer Mutter 1929 musste sie auch für den Unterhalt ihrer Schwägerin sorgen, da ihr Bruder im Krieg gefallen war. Mit ihrer Schwägerin bezog sie eine Wohnung in der Biebricher Straße, wo sie bis zu ihrem Lebensende wohnte.
Von 1923 bis 1926 war sie Obermeisterin der Schneiderinnung, die sich für die Berufsschulpflicht der weiblichen Lehrlinge einsetzte. Sie machte bei der Gewerbekammer eine Eingabe, die ihrer Meinung nach längst überfällige Berufsschulpflicht zu unterstützen. Sie erklärte, dass, solange es dem Staat nicht möglich sei, die Pflichtfortbildungsschule für Mädchen in der Weise zu finanzieren wie es für die männlichen Handwerkerlehrlinge geschehe, die sich mit Fachklassen begnügen müssten, für die man die Mittel durch die Meisterinnen aufbringen wolle.
Um dieses Vorhaben nun auch umsetzen zu können, waren ausgebildete Gewerbelehrerinnen notwendig, die sowohl über praktische Fähigkeiten als auch über die Fähigkeit zum Unterrichten verfügten. So wurde sie nach anfänglichem Zögern zunächst aus finanziellen Gründen nur nebenamtliche Gewerbelehrerin in der Berufsschule für das Schneiderhandwerk und gab im Vertrauen auf eine Festanstellung ihre gutgehende Werkstatt auf. Sie musste allerdings noch bis 1941 warten, bis dies geschah, denn die Voraussetzung, eine pädagogische Ausbildung am Berufspädagogischen Institut in Berlin zu erhalten, konnte sie nicht erfüllen, da sie für ihren Unterhalt und den der Schwägerin aufkommen musste.
Erst als im 2.Weltkrieg Gewerbelehrer fehlten, konnte sie die Ausbildung nachholen und eine Prüfung ablegen. Nun aber tat sich ein neues Hindernis auf: Der zuständige Oberregierungsrat Jüdefeind befand sie für eine Einstellung zu alt. Ihre Arbeit wurde in Zeugnissen und von Zeugen hochgelobt, dennoch wurde sie erst 1943 als Gewerbeoberlehrerin eingestellt.
Lange konnte sie dieses Amt nicht ausüben, denn schon 1934 war sie in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei eingetreten und war ab 1942 auch Blockwartin der National Sozialistische Volkswohlfahrt. Deshalb wurde sie aus dem Amt entlassen - erneut auf Betreiben des Oberregierungsrates Jüdefeind. Da jedoch der Oberschulrat sich für sie einsetzte, wurde sie im Februar 1946 wieder eingestellt, und 1949 erneut zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt. Fünf Jahre später trat sie in den Ruhestand.

Literatur und Quellen:
Schöck-Quinteros, Eva Dr.: "Die Einführung der Berufsschulpflicht für weibliche Lehrlinge oder die Laufbahn der Gesine Heißenbüttel - Eine Obermeisterin wird erste Gewerbelehrerin für das Schneiderhandwerk", Beiträge zur Sozialgeschichte Bremens, Bd.16, Bremen 1997, S.212-260
Schmitter‚ Romina: Dienstmädchen, Jutearbeiterinnen und Schneiderinnen, StAB 1996, Heft 26

Autorin:Edith Laudowicz © Text auf Basis des o.a. Beitrags